Dass es Al-Kaida war, ist bei einem Großattentat im Jemen wie jenem am Montag naheliegend: Tatsächlich ist in den vergangenen Wochen der Kampf zwischen den mit Al-Kaida affiliierten Extremisten, die teilweise ja sogar Territorium kontrollieren, und der Armee, die die Kontrolle wiedererlangen will, eskaliert. Das alles übrigens konzentriert in einem Gebiet, dem Süden, in dem es auch noch einen sezessionistischen Aufstand gibt.

Bei der Parade, die da geprobt wurde, hätte Interimspräsident Abd Rabbo Mansur al-Hadi sprechen sollen, der seinerseits um Kontrolle ringt, zum Beispiel über eben jene Armee. Noch immer sind Schlüsselpositionen im Sicherheitsapparat in den Händen von Familienmitgliedern des ehemaligen Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh, der die Macht nur nominell abgegeben hat. Die Armee ist zerrissen zwischen alter und neuer Loyalität.

Dazu kommt der Zaiditen-Aufstand im Norden, in den auch noch saudisch-iranische Interessen hineinspielen - und der ebenfalls ein alter Streitpunkt innerhalb der Armee ist, nämlich als Frage, wie man damit umgeht. Alle hier genannten Konflikte haben in der jemenitischen Stammesgesellschaft auch starke tribale Aspekte. Stämme werden umso stärker, je schwächer der Staat ist.

Und das ist eine Kurzbeschreibung des Landes, das US-Präsident Barack Obama am Wochenende als "Modell" für Syrien genannt hat. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 22.5.2012)